Lauf in den Frühling

Lauf in den Frühling

Der Frühling steht vor der Tür, der Wunsch nach mehr Bewegung an frischer Luft nimmt zu und die guten Vorsätze von vor einigen Wochen sind noch nicht ganz vergessen.

Mit den Nachrichten zu den ersten Laufveranstaltungen kommt bei vielen Menschen der Wunsch auf, sich mehr (laufend) zu bewegen. Jährlich neue Rekordzahlen bei Volksläufen wie der Team-Challenge tun ihr übriges. Dresden zählt mittlerweile zu den wichtigsten Laufmetropolen. Der Laufboom ist in der Breite der Gesellschaft angekommen und nicht mehr eine Sportart nur für Athleten. Jeder kann es tun. Man muss es nur tun.

Fitnesstrainer, Sporttherapeuten und Kursleiter sind nun gefragt. Ihre Klienten wollen Tipps und Tricks zum Laufen hören oder stellen ganz konkrete Fragen, wie beispielsweise: „Wie schaffe ich die fünf Kilometer der Team-Challenge?“ Antworten darauf kennt unter anderem  Laufexperte Tell Wollert, der bereits Mitte März bei der Podiumsdiskussion der Sächsischen Zeitung zum Thema Lauf(wieder)einstieg sprach (dibdib berichtete).

Auch wir haben Fragen an den Ultraläufer und Premium Personal Trainer von laufend aktiv.

Tell Wollert in seinem Element

Interview mit Premium Personal Trainer Tell Wollert

Im dibdib-Interview gibt Tell Wollert nicht nur Laufeinsteigern Tipps und Fortgeschrittenen Ratschläge für den ersten (Halb)marathon, sondern hilft auch seinen Kollegen mit guten Hinweisen, wie sie auf die Wünsche ihrer Teilnehmer und Klienten reagieren können. 

Der besagte Klient will zur Team-Challenge fünf Kilometer laufen. Er möchte sich insgesamt mehr bewegen, ein paar Kilo abnehmen und seine allgemeine Gesundheit verbessern. Er/sie ist motiviert und will nun voll angreifen. Was rätst du?

Ich empfehle dem Interessenten, sich zunächst einmal überhaupt zu bewegen. Treppen steigen, statt Fahrstuhl nehmen als leichtes Herzkreislauftraining, um den Körper vorzubereiten. Aber Achtung, übergewichtige Personen sollten treppab den Fahrstuhl nehmen, damit die körperlichen Strukturen wie Gelenke, Sehnen, Bänder nicht überfordert werden. Generell sollte die Person mehr zu Fuß gehen, weil die laufspezifische Muskulatur überhaupt erst trainiert werden muss. Im Büroalltag kann das ebenfalls eingebunden werden. Zum Beispiel im Stehen oder Gehen telefonieren. Eine Stunde am Stehpult arbeiten verbraucht 40 kcal extra. Das bedeutet idealerweise bei einem 8 Stunden Arbeitstag 320 extra Kalorien. Das kann bei dem ein oder anderen bereits die Energiemenge einer Mahlzeit sein. Beim Zähneputzen kann die Zeit auch für Gleichgewichtsübungen wie z.B. dem Einbeinstand oder dem Wippen vom Zehen- auf den Fersenstand bei völliger Anspannung aller Muskelgruppen genutzt werden. So hat man schon ein leichtes Koordinationstraining.  

 

Was mache ich, wenn dem Klienten das zu langsam geht, er schneller in das laufspezifische Training einsteigen will?

Empfehlenswert ist zu allererst einmal ein Herz-Kreislauf-Check beim Hausarzt, bevor ich mit jeglicher sportlicher Bewegung einsteige. Ist der erfolgt, liegen keine Risiken vor und gibt der Arzt grünes Licht, dann sollte der zukünftige Läufer jeden Tag am Anfang zwischen 15 bis 20 Minuten walken. Am besten immer zur gleichen Uhrzeit. Hält er das 21 Tage durch, dann ist diese „Aufgabe“ manifestiert und wird zur Routine. Ist der Klient fitter, dann kann er auch abwechselnd laufen und walken, also in Intervallen trainieren.

 

Jetzt hat der Klient die 21 Tage geschafft, ist immer noch motiviert und will nun mehr. Wie geht’s weiter?

Zuerst sollte der Umfang erhöht werden, also aus 20 werden 30 Minuten und so weiter. Erst dann kann die Intensität erhöht werden. Jedoch unter der Prämisse, dass weniger mehr ist. Denn wer zu schnell läuft, damit außer Puste kommt, wird nicht besser, verliert die Lust und damit die Motivation weiterzumachen. Von daher rate ich zu langsamen, moderaten Einheiten.
Nicht zu vergessen ist die Regeneration zwischen den Einheiten. So muss unterstützend <s> </s>die Muskulatur auch trainiert  und gepflegt werden, um das Verletzungsrisiko zu verringern, die Gelenke, Bänder und Sehnen zu schützen, sowie besser zu regenerieren. Die Muskulatur ist unser Stoßdämpfer. Nur wenn sie gut trainiert und gepflegt ist, kann sie ihre Funktion ausführen. Die klassischen Übungen, wie wir sie aus der Schule kennen, sind hier völlig okay. Zum Beispiel Liegestütz, Kniebeuge, Beugestütz oder der allbekannte Unterarmstütz. Also alles Übungen mit dem eigenem Körpergewicht. Um diese technisch sauber durchzuführen, sollte man sich die Übungsausführung von einem Trainer korrekt vermitteln lassen.

 

Was empfiehlst du, wenn der Klient nun seine übliche Runde läuft, sich damit wohl fühlt, aber unzufrieden ist, weil er nicht schneller wird?

Das Stichwort hier ist Streckenvarianz. Er sollte also nicht nur seine Standardstrecke laufen, sondern mehrere Strecken zur Auswahl haben oder seine Standardrunde mal anders herum laufen. Nach vier bis sechs Wochen braucht der Körper neue Reize. Der Gewohnheitseffekt wird aufgehoben und die Routine aufgebrochen.

 

Wie motivierst du deine Kunden, wenn es den inneren Schweinehund zu überwinden gilt. Schließlich rufen jetzt Gartenarbeiten, Biergartenbesuche etc.?

Ich empfehle jedem, sich einen Termin mit sich selbst zu machen und den auch in den Kalender einzutragen. Man muss sich Prioritäten setzen und alles andere drum herum organisieren.

 

Worauf sollten Läufer generell achten?

Das A und O ist ein ordentlicher Laufschuh. Er ist das Verbindungsglied zwischen Körper und Erde. Ich vergleiche die Schuhe immer mit dem Fundament eines Hauses. Wenn das nicht in Ordnung ist, dann kann das Haus über kurz oder lang zusammenbrechen. So ist es auch mit dem Körper. Das Laufen ist eine erhöhte Belastung für den Bewegungsapparat. Da muss der Schuh entsprechend gut ausgewählt werden. Gute Fachverkäufer machen immer eine Laufanalyse. Eine Videoaufnahme sollte nicht nur die Füße, sondern auch die Hüfte einschließen. Erst danach kann das Gangbild richtig analysiert und die geeigneten Schuhe ausgewählt werden.

 

Worin siehst du deine wichtigste Aufgabe als Trainer?

Ich bin derjenige der sagt: Jetzt geht’s los! Den meisten fehlt es an Motivation selbständig  ein Training durchzuführen, sowie  an einer Struktur im Training. Sie wissen nicht, wie sie ein Training angehen sollen und wie sie es am günstigsten in den Alltag integrieren können. Dabei helfe ich ihnen mit individuellem Training. Denn mein Erfolg ist es, wenn meine Klienten Erfolge erleben. Wenn Erfolge sichtbar für andere werden. Das ist motivierend und entfacht eine gewisse Eigendynamik. Wenn ich das erreiche, dann ist der Grundstein gelegt.

 

Wenn sich diese Erfolge relativ schnell einstellen, dann wollen die meisten doch bestimmt mehr und setzen sich einen Halbmarathon oder Marathon als Ziel? Was rätst du ihnen?

Bevor jemand einen Marathon läuft, sollte er vier bis fünf Jahre regelmäßig gelaufen sein und schon mehrere Halbmarathons absolviert haben. Denn der Körper muss dieser extremen körperlichen Belastung standhalten können. Ich muss mein körperliches Fundament stabil errichten. Auch wenn sich die Muskulatur relativ schnell an längere Distanzen gewöhnt, so müssen vor allem Gelenke, Bänder und Sehnen trainiert werden. Und das dauert. Ist das geschehen, dann sollte die marathonspezifische Vorbereitung circa zwölf Wochen vorher beginnen. Bei dem intensiven Training darf aber die Regeneration nicht vergessen werden. „Viel Training hilft viel“ gilt hier nicht. Wer das nicht berücksichtigt erhöht das Risiko für Verletzungen. Mit den Klienten arbeite ich gemeinsam an der Marathonvorbereitung. Die Lauftechnik spielt dabei eine große Rolle. Denn weniger Ausweichbewegungen und weniger auf den Körper einwirkende Scherkräfte verringern den Energieverbrauch. Diese Energie steht dann für die schnellere Frontalbewegung und längere Strecken zur Verfügung.

 

Welche Aspekte müssen deiner Meinung nach außerdem berücksichtigt werden?

Der Läufer muss sich fragen: Warum möchte ich das? Quasi eine Zielvereinbarung mit sich selbst treffen. Er sollte klar definieren, an welchem Tag will ich den (Halb)marathon laufen und welche Zeit will ich erreichen. Damit ist das Training planbarer und der Läufer ist motivierter. Als Trainer muss ich auch einschätzen können, ob dem Klienten diese Leistung überhaupt möglich ist.

 

 

Über Tell Wollert

Der Premium Personal Trainer arbeitet nicht nur bei laufend aktiv, sondern ist selbst in läuferischer Hinsicht äußerst aktiv. Seit 1998 läuft der gebürtige Hallenser und seit 2001 ist er:

  • Regelmäßiger Teilnehmer diversen Marathons (Oberelbemarathon, Piepenbrockmarathon etc.)
  • Mehrfacher Zug- und Bremsläufer für die Endzeiten von 03:15 h bis 03:45 h im Rahmen diverser Marathonveranstaltungen deutschlandweit
  • Mehrfacher Teilnehmer des Fishermen Strongman Run, Ultramarathon (72,7 km) des Rennsteiglauf, der Trailrun Worldmaster´s, des Gore-Tex Trans-Alpine Run mit 320 km in 8 Tagen, 15.000 Höhenmetern im Aufstieg und 15.000 Höhenmetern im Abstieg, sowie Sachsentrail Ultramarathon

Der diplomierte Sportwissenschaftler für Prävention, Therapie und Rehabilitation arbeitete lange als Sporttherapeut  in den Bereichen Orthopädie, Neurologie, Kardiologie und Psychosomatik. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Arbeit war die Tätigkeit als Athletiktrainer beim Handballclub HC Neuruppin in der 4. Liga und als Athletiktrainer des VC Dresden in der 2. und 1. Bundesliga. 2010 fing er an als Personal Trainer im Raum Dresden und Radebeul zu arbeiten. Mittlerweile betreut er mit seinem Trainerteam Einzelkunden im gesamtdeutschen Raum, sowie Firmen im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagment im mitteldeutschen Raum. Des Weiteren ist seine Expertise als  Mastertrainer von BlackRoll gefragt, bei der er andere Trainer im Faszientraining und für die Health & Fitness Academy Lauftrainer deutschlandweit ausbildet.

Weitere Infos zu Tell Wollert gibt es in seinem dibdib-Eintrag. Weiterbildungsangebote mit dem Laufexperten stehen am Ende des Textes.

dibdib empfiehlt mit freundlicher Unterstützung der Laufszene Sachsen einige Dresdner Lauf-Veranstaltungen

INTERNATIONALER KARSTADT SPORTS CITYLAUF DRESDEN: www.citylauf-dresden.de 

REWE Team Challenge Dresden: www.team-challenge-dresden.de

Centrum Galerie Dresdner Nachtlauf: www.dresdner-nachtlauf.de

Thomas Sport Center TeamStaffel Dresden: www.team-staffel-dresden.de

Piepenbrock Dresden Marathon: www.dresden-marathon.com 

Eine Übersicht über nahezu alle Laufveranstaltungen in Sachsen hat die Laufszene Sachsen in ihrem Laufkalender unter: www.laufszene-sachsen.de/kalender/

 

Wer jetzt nicht alleine starten will, findet in folgender Liste dibdib-Netzwerkpartner, die zum Thema Laufen Dienstleistungen anbieten. Von Laufkursen, Lauftreffs, über Techniktrainings, laufspezifische Stabi- und Kräftigungsübungen, bis hin zu Laufevents ist für jedes Bedürfnis etwas dabei.

 

Interessante Weiterbildungsangebote in Sachen Laufen bietet unser Netzwerkpartner HFA - Health & Fitnessacademy in Zusammenarbeit mit Tell Wollert von laufend aktiv. Die nächsten Termine sind:

Herz-Kreislauf Trainer - Outdoor Lizenz / Lauf- und Walkingtrainer

22. - 23.04.2017 in Dresden (wenige freie Plätze)

10. - 11.06.2017 in Chemnitz

Weitere Infos dazu gibt es hier