Livia Seifert vom ladenatelier federleicht im Interview

Wir kennen Livia Seifert als kritische Person, die mit Kopf und Verstand viele Dinge hinterfragt. Dazu muss man sich nur mal die Kommentare unter dibdibs Beiträgen bei Facebook durchlesen. Die Inhaberin des ladenateliers federleicht ist Trainerin und Pädagogin. dibdib bat die 48-jährige Dresdnerin zum Interview:

Nach welchem Konzept arbeitest du?

Je nachdem, was mein Kunde / meine Kundin gerade im Moment braucht, finde ich in meinem Erfahrungspool eine geeignete Übung oder Übungsausführung. Wenn man es auf Pilates bezieht, bin ich klar Vertreterin des zeitgenössischen Pilates, das alle Übungen sportwissenschaftlich und physiotherapeutisch beleuchtet und aufbereitet hat sowie Elemente aus Rolfing, Faszientraining, Spiraldynamik, auch Modern Dance enthält. Ich integriere außerdem die Franklin-Technik, verschiedene Bewegungstherapien und Entspannungstechniken. Bezogen auf meine Arbeit als Tanzpädagogin habe ich bereits 2005 einen eigenen Lehrplan entwickelt, nach dem ich arbeite. Meine Konzepte entwickeln sich permanent weiter, genauso wie meine Kunden.

Was zeichnet dich als Pädagogin und Trainerin aus?

Ich bin seit 1997 Tanzpädagogin und seit 2011 Pilatestrainerin (Health & Fitness Academy) mit Fokussierung auf Therapie und Reha. Dazu kommt meine Ausbildung als Entspannungstrainerin an der Akademie für Ganzheitliche Medizin Dresden 2017. Außerdem wurde ich im Rahmen meiner Lehraufträge durch die Sächsische Bildungsagentur (heute Landesamt für Schule und Bildung) in den Bereichen Bewegungserziehung und Tanz/Musik/Rhythmik geprüft.

Wo liegen deine Schwerpunkte in deiner Arbeit?

Beim Pilates im Personal- und Kleingruppentraining. Ich arbeite mit maximal sechs Personen pro Kurs. Ich möchte die Person als Ganzes wahrnehmen können - ihren Körper, ihre Seele. Ganzheitliches Arbeiten in der Qualität, wie ich sie biete, ist in großen Gruppen nicht möglich.

Die häufigsten Anliegen, die an mich herangetragen werden, befassen sich mit Schmerzreduktion im Bereich Rücken und diverser Gelenke. Außerdem Muskelaufbau und Kraft bei gleichzeitiger Anmut (was übrigens nichts mit Körpergewicht und auch nichts mit dem Alter zu tun hat). Auch Entspannung ist sehr gefragt.

Spezialkurse wie Pilates für Senioren und Pilates für plus-size-Frauen oder Barre-Training ergänzen das Ganze. Außerdem bin ich natürlich immer noch im Bereich Tanz/Rhythmik unterwegs, da vor allem mit Kindern ab einem Jahr. Inklusion steht bei mir nicht nur auf dem Papier, sondern wird seit 2005 gelebt. Dafür stimme ich mich gegebenenfalls mit den Therapeuten der Kinder ab. 

Was hast du vor der Trainerkarriere gemacht und wie bist zum zum Gesundheitssport gekommen?

Vor meiner Trainertätigkeit arbeitete ich hauptberuflich viele Jahre ganz klassisch im Büro als kaufmännische Angestellte, Anwaltssekretärin und Direktionsassistentin (ich bin auch als solche ausgebildet). Außerdem bin ich einige Jahre als Reiseleiterin durch Europa gefahren. Als Tänzerin und Sängerin am Theater habe ich mich einige Jahre auf mein Studium (Musical) vorbereitet, dass ich dann aus gesundheitlichen Gründen doch nicht aufnehmen konnte.

Während meiner aktiven Theaterzeit (1994) hat mir mein Körper signalisiert, dass das Training nicht gut für ihn ist und ich habe viele Monate mit Physiotherapien verbracht. Diese Zeit war für mich prägend. Durch diese Erfahrungen - vollständiges knock-out durch Schmerzen - hat sich mein Verhältnis zu Training und Gesundhaltung des Körpers (und der Seele) komplett verändert. Meine Physiotherapeutin hatte es damals geschafft, dass ich wieder laufen, später sogar wieder tanzen konnte. Dieses Bewusstsein, diese "andere" Art des Trainings, habe ich während meiner Zeit als Tanzpädagogin im Unterricht verankert, später als Trainerin im Hochleistungssport (beim DSC, Abt. Wasserspringen) und auch jetzt im Pilates. Viele Gelenkschmerzen meiner Kursteilnehmer und Kunden im Personal Training kann ich durch eigenes Erleben gut nachempfinden. Muskelschmerzen und Einschränkungen der Beweglichkeit sind oft "Kopfsache" (wir halten an etwas fest...). Seit 2011 ist mein Mutter querschnittsgelähmt. Auch das hat mich noch einmal alles aus einem anderen Blickwinkel sehen lassen. Aus dieser Zeit rührt z.B. mein Interesse für Sitz-Yoga und Sitz-Pilates, auch für die inklusive Arbeit mit Kindern im Rollstuhl.

Welche Methoden praktizierst und lehrst du und warum?

Ich nehme den Menschen, der zu mir kommt, wahr. Ich spüre ihn, ich scanne ihn gewissermaßen, studiere seine Bewegungsmuster, und finde recht schnell Zusammenhänge (auch gedankliche), die ihn "bremsen". Es ist mir möglich, unmittelbar ein passendes Training für jeden zu entwickeln oder entsprechende Empfehlungen zu geben. Dabei geht es mir nicht darum, dass der Mensch "funktionieren" soll - das müssen wir im Alltag ohnehin viel zu oft. Ich verstehe mich vielmehr als Wellness-Trainerin im ursprünglichen Sinn (wellness = well-being und fit-ness). Es geht mir um Wohlfühlen im weitesten Sinne, um das Empfinden von Leichtigkeit in Körper und Seele. Um Ent-Spannung. Um Steigerung des Lebens-Wertes. Gegebenenfalls schaue ich mir Krankenberichte an, wenn es angeraten erscheint und stimme mich mit Fachleuten ab. Ich bin keine Ärztin oder Physiotherapeutin, kann nur begleiten. Das Feedback zeigt allerdings, dass meine Art des Arbeitens schon oft Schmerzen gelindert oder aufgelöst hat. Die Menschen sind von den Ergebnissen meist überrascht. Eine Frage, die ich oft höre: "Mir tut heute gar nichts weh. Ist das normal??"

Du arbeitest zudem als Dozentin. In welchen Bereichen lehrst du?

Ich habe seit 2011 Lehraufträge in den Bereichen Bewegungserziehung (Sport, Tanz) und Musik/Rhythmik für sozialpädagogische Berufe. Das sind ErzieherInnen, Tagespflegepersonen, Heilpädagogen, Studenten der Sozialpädagogik. Neben den Ausbildungsinhalten der Fach- und Hochschulen gebe ich praxisbezogene Seminare zu verschiedenen Themenbereichen, z.b. auch Erziehergesundheit, Autismus/Mutismus, Inklusion und Entspannungstechniken für Erwachsene und Kinder.

Du hast aufgrund deiner langjährigen Tanz- und Theaterkarriere selbst massive Beschwerden. Wie hilfst du dir selbst?

Ich habe bestimmte Sportarten für mich gestrichen. Zum Beispiel Ski-Alpin, Reiten, Jazzdance und für mich am schwierigsten: lateinamerikanische Tänze. Die Musik ist einfach zu mitreißend. Ich entspanne mich am liebsten in ruhiger Natur, außerdem mit Qigong, Meditation und autogenem Training. Bei mir gehen Körper und Seele Hand in Hand. Natürlich lasse auch gern mal einen anderen Trainer über meine Bewegungen schauen. Außerdem hat mich meine Tochter, als Fachfrau für Kräuteranwendungen und Ernährung, sehr unterstützt. Sie hat es geschafft, dass ich fast schmerzfrei bin. Trotz Arthrose in den Knien kann ich wieder Kniebeuge machen.

dibdib dankt für das Interview!