Die 6 Prinzipien im Pilates

Die wichtigsten Prinzipien im Pilates sind Atmung, Konzentration, Kontrolle, Präzision, Zentrierung (Powerhouse) und Flow (Bewegungsfluss). Wer zum ersten Mal Pilates trainiert, verliert schon mal vor lauter Konzentration auf die Details den Überblick. Das wichtigste an Pilates ist, dass man sich seiner Atmung und Körperhaltung während des Trainings bewusst wird. Das ist übrigens ein wunderbares Mittel gegen die alltäglichen Belastungen unserer Zeit. In einer Pilates-Stunde kann man einfach keinen Brief an die Bank formulieren oder überlegen, was die Familie zum Abendessen bekommt. Der Übende ist einfach voll und ganz damit beschäftigt, was der eigene Körper gerade tut.

Doch was bedeuten die sechs Begriffe nun im Detail ...

1. Atmung

Pilates war Asthmatiker und das erklärt wohl, wie wichtig das Thema Atmung für ihn gewesen ist. Er stellte sich vor, dass durch das vollständige Ausatmen die verbrauchte Luft tief aus dem Inneren der Lunge herausgepresst und durch das anschließende tiefe Einatmen der Körper vermehrt mit Sauerstoff versorgt wird. Roll- und Drehbewegungen im Liegen, Stehen, Vierfüßlerstand unterstützen diesen Effekt. Die Atmung ist Bestandteil einer jeden Übung und wird explizit angeleitet.

Die Pilates-Atmung ist eine Flankenatmung in den hinteren unteren Brustkorb. Pilates ist für die Lunge genauso ein Workout, wie für die Muskulatur. Die tiefe Einatmung fördert die Sauerstoffaufnahme des Blutes (effektiver Gasaustausch) und die Verlängerung der Wirbelsäule. Die intensive Ausatmung hilft bei der Aktivierung der tiefliegenden Muskulatur und des Beckenbodens.

Der Atemrhythmus erscheint anfangs merkwürdig und entgegen allen Regeln der Trainingslehre. Wer sich aber die konsequente Mühe macht, beim von Pilates vorgegebenen Atemrhythmus zu bleiben, der wird feststellen, dass die Atmung die jeweilige Übung tatsächlich unterstützt. Die Ausatmung liegt oft in der exzentrischen Phase eines Bewegungsablaufes. Somit hilft sie, das Powerhouse (Rippen tief, Bauchnabel zieht nach innen und oben) zu verstärken und die Kontrolle über die Bewegung nicht zu verlieren.

Das Prinzip der Atmung

  1. Einatmung: Verlängerung der Wirbelsäule
  2. Ausatmen: Stabilisieren, Powerhouse aktivieren und Vertiefen der Spannung

2. Konzentration

«DA» zu sein, «HIER» zu sein und im «JETZT» zu sein, sind wichtige Voraussetzungen für ein erfolgreiches Training.

Grundsätzlich sollte dies bei allen sportlichen Betätigungen so sein, doch für den Erfolg der Pilates-Übungen ist es unumgänglich. Die Ausgangspositionen vieler Übungen sind teilweise so anspruchsvoll, dass diese ohne Konzentration und Fokussierung nicht gehalten werden können. Pilates hat dies sehr bewusst so gewählt. Er forderte die volle Aufmerksamkeit seiner Schüler. Je konzentrierter, umso effektiver und effizienter sind die Übungen.

Ganz anders, als wir es von sonstigen Kräftigungsprogrammen kennen, und für die Fitness Branche eher ungewöhnlich, werden die Pilates-Übungen in ihrer originalen Form nur in sehr geringer Wiederholungszahl ausgeführt. Viele Wiederholungen sind bei maximaler Konzentration auch nicht durchführbar. Denn maximale Konzentration bedeutet: Alle 6 Pilates-Prinzipien müssen während einer Übung unbedingt eingehalten werden. Anfangs ist es häufig die fehlende Konzentration, die zum Abbrechen der Übungen zwingt – nicht unbedingt die muskuläre Schwäche.

3. Kontrolle

Alle Bewegungen müssen bewusst und gesteuert ablaufen.

«Willentlich und bewusst eine Bewegung zu Beherrschen und sich nicht unkontrolliert von einer Bewegung beherrschen lassen», das ist ein wichtiger, wenn nicht der wichtigste Leitsatz seiner Methode. Ursprünglich nannte Pilates sein Programm die «Kunst der Kontrollogie». Manche Pilates-Übungen erschienen vielen Trainern in der frühen Vergangenheit als unphysiologisch. Doch nach neusten trainingsphysiologischen Betrachtungen war Pilates ein Wegbereiter des funktionellen Trainings – so wie wir es heute kennen. Dies zeigt wieder einmal: Pilates war in seinem Denken schon immer seiner Zeit weit voraus.

4. Powerhouse / Zentrum

Die absolute Kontrolle wird dann erreicht, wenn die Bewegungsabläufe so verinnerlicht werden, dass darüber nicht mehr nachgedacht werden muss.

Es hat oft den Anschein, als würden Bewegungsabläufe alleine durch die Muskelkraft der Beine oder Arme ausgeführt werden. Jedoch ohne die Kraft im Zentrum - Pilates prägte den Begriff «Powerhouse» - wäre es nicht möglich, die Bewegungen zu kontrollieren, zu präzisieren, zu halten und die eingesetzte Energie innerhalb des Bewegungsablaufes richtig zu dosieren. Die ganze Energie für die Pilates-Übungen beginnt im Powerhouse und fließt nach außen in die Extremitäten.

Welche Muskeln gehören zum "Powerhouse"?

  • Diaphragma: Zwerchfell
  • Multifidus: Rückenmuskulatur
  • Transversus Abdominis: querverlaufender Bauchmuskel (der tiefliegendste Muskel)             
  • Muscle of pelvic floor: Beckenbodenmuskel

Diese Muskeln stabilisieren den Trainierenden und halten ihn während der Übungen in der richtigen Position. Sobald die Kraft im Powerhouse nachlässt, sollte die Übung zugunsten der Präzision abgebrochen werden.

5. Präzision

Eine einzige, präzise ausgeführte Pilates-Übung verspricht einen größeren Trainingserfolg, als 10 «schlampig» ausgeführte Bewegungen. Es ging Pilates um die exakte Ausführung einer Bewegung, nicht um die Anzahl der Wiederholungen. Daher ist es sehr wichtig, an den Details zu arbeiten und nichts auszulassen. Der Fokus liegt auf einer präzisen und perfekten Bewegung. Dies setzt Kontrolle und Konzentration voraus und führt dann zum «vollkommenen» Bewegungsablauf.

6. Bewegungsfluss / FLOW

Alle Übungen bestehen aus geschmeidigen Bewegungen. Die sichtbare Leichtigkeit einer Bewegung hängt vom perfekten Bewegungsfluss ab. Der Bewegungsfluss wiederum wird dann vollkommen sein, wenn der Trainierende weiß, wann er

  • mit wie viel Energie
  • mit welchem Tempo
  • mit welcher Dynamik
  • mit welchen Muskeln
  • in welche Richtung arbeiten muss.

Dies setzt viel Übung, Erfahrung und kräftige Stabilisationsmuskeln voraus. Ein Ziel der Pilates-Methode ist es: Für jede Übung den perfekten Bewegungsfluss zu erreichen. «Eine Bewegung muss so fließend und anmutig sein, wie ein Fisch im Wasser oder ein Walzer.»